Almosengeben
Impuls von Pater Philipp Steiner, gehalten in der Klosterkirche am 27. März 2016
Liebe Besucherinnen und Besucher der Klosterkirche
Im Namen von Abt Urban und der ganzen Klostergemeinschaft wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Osterfest: Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden! Halleluja!
Seit sechs Wochen wird hier in der Klosterkirche jeden Sonntag eine Katechese zu einem der Werke der Barmherzigkeit gehalten. Heute schliessen wir mit dem Almosengeben die Reihe der sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit ab. Anlass zu dieser Reihe von 14 Katechesen ist das von Papst Franziskus ausgerufene Heilige Jahr der Barmherzigkeit. Dieses ausserordentliche Heilige Jahr ist nicht nur Einladung, dem barmherzigen Gott in der Feier der Sakramente zu begegnen. Es ist auch Aufforderung, selber barmherzig zu sein. Die geistlichen und leiblichen Werke der Barmherzigkeit aus der Verkündigung Jesu und der Tradition der Kirche können uns dabei wichtige Impulse geben.
Heute geht es also um das Almosengeben. Das Spenden für wohltätige Zwecke oder auch die ganz konkrete Hilfe für die Bedürftigen durch ein paar kleine Münzen ist wohl eines der verbreitetsten guten Werke in unserer Gesellschaft. Damit stehen wir nicht allein. Neben dem Christentum kennen viele andere Religionen das Almosengeben als eine religiöse Pflicht für die Gläubigen. Wir begegnen ihm im Buddhismus, im Hinduismus, im Judentum und vor allem auch im Islam, wo das Almosengeben als eine der fünf Säulen des Islams gilt, also auf gleicher Stufe steht wie das Bekenntnis zu dem einen Gott, die Gebetsverpflichtung oder die Pilgerfahrt nach Mekka.
Als Christen stehen wir mit diesem Werk der Barmherzigkeit also nicht alleine da. Das Besondere ist aber, dass sich die christliche Caritas nicht allein damit begnügt. Vielmehr sind wir aufgerufen, der Not, welcher wir in unserem Umfeld und in der Welt begegnen, auf vielfältige Weise Abhilfe zu schaffen. Almosen ist nur eine Möglichkeit. Denn Not ist immer konkret und braucht eine passende Antwort. Diese ist so individuell wie die Menschen, die von ganz unterschiedlichen Notsituationen betroffen sind.
Es kann also gefährlich sein, zu meinen, dass mit einem Almosen ein Problem bereits behoben sei. Denn manchmal ist Hilfe zur Selbsthilfe sehr viel wichtiger und drängender als eine bestimmte Geldsumme. Und dennoch ist die Verlockung zur schnellen Abhilfe und Gewissensberuhigung relativ gross. Der Grund ist folgender: Während andere Werke der Barmherzigkeit wie Hungrige speisen, Obdachlose beherbergen oder Gefangene besuchen für uns als Einzelpersonen relativ schwer zu verwirklichen sind und oft auch viel Überwindung und Aufwand brauchen, ist das Almosengeben relativ einfach. Mit dem Unterschreiben eines Checks oder dem Hineinwerfen von ein paar Münzen ins Opferkörbli in der Kirche ist es getan. Unser Gewissen ist beruhigt. Aber ist das schon alles?
Ich denke, dass es nicht so einfach sein kann. Dieses Werk der Barmherzigkeit verlangt etwas mehr von uns. Wie bei jedem religiösen Werk, so ist es auch hier wichtig, mit welcher Haltung wir etwas tun. Ist es nur, weil ich angesichts meines guten Lohnes und einer gehobenen Lebensführung ein schlechtes Gewissen habe? Ist es sogar aus Bequemlichkeit? Beides sollte beim Almosengeben keine Rolle spielen. Vielmehr sollte es aufgrund unserer tiefsten christlichen Überzeugung geschehen, dass ich in meinem Nächsten – besonders aber im Bedürftigen – Jesus Christus selbst begegne. Christus hat sich zum Bruder aller Menschen gemacht und in seiner Verkündigung hat er sich explizit mit den Bedürftigen und Notleidenden identifiziert. Er sagt: "Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."
Liebe Besucherinnen und Besucher der Klosterkirche!
Almosen geben ist einfach und kann trotzdem eine grosse Herausforderung sein. Das Osterfest, welches wir heute begehen, will uns ermutigen, in unserem Alltag Ausschau zu halten nach dem auferstandenen Herrn, der uns in unseren notleidenden Brüder und Schwestern begegnen will. Seien wir kreativ, wenn es darum geht, Menschen in Not zu helfen. Almosen geben ist eine Möglichkeit, aber bei weitem nicht die einzige. Und dann werden wir überrascht feststellen, dass letztlich wir die Beschenkten sind!
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